"Die Bundesregierung muss endlich in den Krisenmodus schalten."

bpa-Präsident Bernd Meurer zu Lauterbach-Äußerungen wegen gestiegener Pflegebedürftigenzahlen: "Nichts davon kommt überraschend."

„Die Bundesregierung muss endlich in den Krisenmodus schalten. Die Zahl der Pflegebedürftigen schnellt nach oben, während wir zum ersten Mal ein Wegbrechen der pflegerischen Versorgung erleben. 

Nach diesen Zahlen brauchen wir rund 56.000 zusätzliche Heimplätze, allein im letzten Jahr sind aber 18.000 verloren gegangen. 

Nichts davon kommt überraschend. Demografie passiert nicht von heute auf morgen, die steigenden Zahlen waren grundsätzlich absehbar. 

Pflegeeinrichtungen warnen seit mehr als einem Jahr davor, dass der Personalmangel und die zu schleppenden Refinanzierungen zu einem Angebotsmangel geführt haben. Die fehlende professionelle Unterstützung sorgt für enormen Druck in tausenden Familien, die nicht mehr wissen, wie sie die Pflege ihrer Angehörigen organisieren sollen. Sie fehlen zudem auf dem Arbeitsmarkt, weil ein großer Teil von ihnen seine eigene Erwerbstätigkeit einstellen oder zumindest reduzieren muss.

Wenn die Bundesregierung jetzt offiziell erklärt, dass in den nächsten Jahren keine politischen Maßnahmen erfolgen werden, ist das eine Bankrotterklärung. Weil die Aufgabe groß ist, wird nichts getan. Das setzt die pflegerische Versorgung der Menschen in Deutschland aufs Spiel.

Der Kanzler schaut zu. Er müsste seinen Gesundheitsminister, den Arbeitsminister und den Wirtschaftsminister als "Krisenkabinett Pflege" an einen Tisch holen.

Die benötigen zusätzlichen Strukturen werden nur entstehen, wenn es Investitionsanreize für die Anbieter gibt und die Kosten umfassend und zeitnah refinanziert werden.

Für eine Entschärfung der aktuell dramatischen Situation brauchen wir keine große Systemreform. Die Pflegeversicherung muss ihr zentrales Versprechen wieder erfüllen: Niemand darf durch Pflege in die Armut rutschen. Die Leistungen aus der Pflegeversicherung müssen den gestiegenen Kosten angepasst und künftig laufend dynamisiert werden. Gleichzeitig muss die Pflegeversicherung von Fremdbelastungen befreit werden: Die Behandlungspflege in Pflegeeinrichtungen müssen die Krankenkassen übernehmen, die Ausbildungskosten müssen raus aus den Eigenanteilen der Pflegebedürftigen und die Rentenpunkte für pflegende Angehörige gehören in den Bundeshaushalt.

Gleichzeitig müssen alle Ampeln auf Grün gestellt werden, die schnell mehr Personal zur Versorgung der Menschen in die Einrichtungen bringen: Wir brauchen eine Kompetenzvermutung, die den Überprüfungsprozess für internationale Pflegekräfte komplett umdreht: Wer eine entsprechende dreijährige Ausbildung oder ein Studium sowie die passenden Sprachkenntnisse hat, muss sofort als Fachkraft in Deutschland arbeiten dürfen. Und die Einrichtungen müssen das Personal flexibel einsetzen können. Es geht jetzt nicht mehr darum, irgendwelche Schlüssel zu erfüllen, sondern darum, mit dem vorhandenen Personal möglichst vielen Pflegebedürftigen und ihren Familien zu helfen.

Passiert das nicht, geht jeder neue Anstieg zu Lasten der Angehörigen.“

Medienberichte: Lauterbach unter Druck und seine Absage an die Pflegereform

Lesen Sie hier mehr zum Ausnahmezustand in der Pflege und dessen finanzielle Auswirkungen. In der BILD hat bpa-Präsident Bernd Meurer die Äußerungen des Bundesgesundheitsministers scharf kritisiert:

Auch der Branchennewsletter Care vor 9 hat die Kritik des bpa an der Untätigkeit der Bundesregierung aufgegriffen:

Im ARD Mittagsmagazin forderte Meurer erneut Maßnahmen von der Bundesregierung: