„Von der Politik wünschen wir uns, dass sie das Thema Pflege konsequent in den Mittelpunkt stellt.“

Interview mit Ulrike Wagner, Personalleiterin der Bremer Straßenbahn AG (BSAG)

Ulrike Wagner, Personalleiterin der Bremer Straßenbahn AG bei einer Diskussionsrunde des bpa, der Wohlfahrtsverbände, der Handelskammer und der Unternehmensverbände mit der Bremer Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz, Claudia Bernhard.
Ulrike Wagner, Personalleiterin der Bremer Straßenbahn AG (3. von links) bei einer Diskussionsrunde des bpa, der Wohlfahrtsverbände, der Handelskammer und der Unternehmensverbände mit der Bremer Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz, Claudia Bernhard.

Dass Mitarbeitende ausfallen, wenn ein Kind krank wird, kennen viele Unternehmen. Erleben Sie inzwischen auch, dass Kolleginnen und Kollegen ausfallen, weil sie die Pflege von Angehörigen organisieren oder sogar übernehmen müssen?

Bei der Bremer Straßenbahn AG mit fast 2.500 Beschäftigten gehen wir tagtäglich mit kurzfristigen Ausfällen aufgrund von Erkrankungen um. Abmeldungen aufgrund von Pflege von Angehörigen sind bisher allerdings eher die Ausnahme.
 

Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt, die pflegerischen Angebote wachsen nicht mit. Müssen Sie sich darauf einstellen, dass es pflegebedingte Ausfälle öfter gibt?

Definitiv. Derzeit sind unsere Mitarbeitenden in der Mehrzahl noch nicht in der Lebensphase angekommen, in denen zum Beispiel Eltern gepflegt werden müssen. Aber wir sehen dies ganz klar auf uns zukommen. Häufig entsteht ein Pflegebedarf zudem plötzlich und kann dann nicht unbedingt zeitnah organisiert werden, da Pflegedienste ausgelastet sind. Hinzu kommt häufig die Sorge um die Angehörigen, die man gut aufgehoben wissen will. Dies kann im Zweifel zu zusätzlichen Ausfällen führen.
 

Wenn Ihre Mitarbeitenden ausfallen, spüren das die Menschen in Bremen oftmals direkt. Wie unterstützen Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen, um schnell wieder an den Arbeitsplatz zurückkehren zu können?

Unser Betrieb arbeitet fast rund um die Uhr, um die Menschen in Bremen zuverlässig und schnell ans Ziel zu bringen. Wir wollen die beste Wahl für die Mobilität in Bremen und umzu sein. Wenn Mitarbeitende ausfallen, stellt uns dies in der Tat vor Herausforderungen. Bisher gelingt es uns durch ein gutes Planungssystem, kurzfristig auf Bedarfe von Mitarbeitern zu reagieren und gleichzeitig unseren Betrieb aufrecht zu erhalten. Wir versuchen, flexibel Dienste zu tauschen, stellen auch mal kurzfristig jemanden frei oder verständigen uns auf andere Arbeitszeiten. Wichtig ist uns, dass wir in einem guten Kontakt zu unseren Mitarbeiten bleiben, damit wir individuelle und gleichzeitig für unseren Betrieb und unsere Fahrgäste tragbare Lösungen finden. Dies ermöglicht dann auch eine schnelle Rückkehr.
 

Verlässliche Betreuungsstrukturen sind wichtig, um das Arbeitskräftepotenzial zu erhalten. Was wünschen Sie sich von den Anbietern und von der Politik?

Wir arbeiten heute schon mit Anbietern wie Pflegestützpunkten, die zu uns ins Haus kommen, um zum Thema Pflege zu informieren. Diesen Kontakt haben wir in Eigeninitiative aufgebaut. Hier würden wir uns wünschen, dass die Orientierung in den verschiedenen Angeboten leichter gemacht würde, damit wir dies auch an unsere Mitarbeitenden weitergeben können. Eine zentrale Stelle in einem Netzwerk wäre da hilfreich. Von der Politik wünschen wir uns, dass sie das Thema Pflege konsequent in den Mittelpunkt stellt, damit wir uns als Gesellschaft bestmöglich auf die Herausforderungen vorbereiten können. Dies hilft uns dann auch als Arbeitgeberin.