Fast 18 Prozent der Pflegebeschäftigten im Land Bremen haben keine deutsche Staatsangehörigkeit, unter den Auszubildenden und Pflegehilfskräften sind es über 30 Prozent. Rechtliche Regelungen und politische Initiativen haben die Einreise von qualifizierten Pflegepersonen aus dem Ausland erleichtert. Zuwanderung ist eine wichtige Stütze für die pflegerische Versorgung in Deutschland. Etwa drei Viertel der Bremer Beschäftigten in den Pflegeeinrichtungen sehen ausländische Kolleginnen und Kollegen als Bereicherung für ihr Arbeitsumfeld.
Durch die wachsende Anzahl der Menschen aus anderen Herkunftsländern verändern bzw. erhöhen sich allerdings auch die Bedarfe an Unterstützungsmaßnahmen, um Zuwanderung und Integration sozial und zukunftsfähig zu gestalten. Das sind einige der Kernaussagen der aktuellen Ausgabe zum Thema „Zugewanderte Pflegepersonen im Land Bremen“ des „KammerFokus“, einer regelmäßig erscheinenden Publikation der Arbeitnehmerkammer Bremen.
Grundlage für die Ergebnisse sind eine detaillierte Auswertung zahlreicher Statistiken (u.a. eine Sonderauswertung der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit) und Erkenntnisse aus Projekten auf Bundes- und Landesebene. In dem Bericht geht es um die professionelle Pflege im Krankenhaus sowie in der ambulanten und stationären Langzeitpflege.
80 Prozent aller Pflegekräfte sind Frauen
Rund 12.700 sozialversicherungspflichtige Pflegekräfte waren zum Zeitpunkt der Kammerrecherchen im Land Bremen beschäftigt, die Hälfte von ihnen in der Langzeitpflege. Bezogen auf die Gesamtzahl der Pflegekräfte waren 80 Prozent Frauen, 60 Prozent arbeiteten in Teilzeit, 30 Prozent waren Hilfskräfte, 40 Prozent waren älter als 50 Jahre.
Die Zahl der Pflegebeschäftigten mit nichtdeutscher Staatsangehörigkeit ist kontinuierlich angestiegen. Ihr Anteil erhöhte sich im Land Bremen von 5 Prozent aller Pflegebeschäftigten in 2014 auf rund 18 Prozent in 2024. Wobei sich der Anteil der zugewanderten Pflegepersonen in den Krankenhäusern und in der Langzeitpflege im kleinsten Bundesland stark unterscheidet (12 Prozent in den Krankenhäusern, 23 Prozent in der Langzeitpflege). Auf Bundesebene ist dies weniger stark ausgeprägt.
Zugewanderte Pflegepersonen arbeiten häufiger als Hilfskräfte
Zugewanderte Pflegepersonen arbeiten häufiger als Hilfskräfte, auch im Land Bremen. Hier haben drei von zehn Hilfskräften eine nicht-deutsche Staatszugehörigkeit. Der Grund dafür liegt in der Regel im langjährigen Anerkennungsprozess, den ausgebildete Fachkräfte aus dem Ausland durchlaufen müssen. Viele arbeiten bereits während des Anerkennungsverfahrens als Hilfskräfte. Auch unter den Auszubildenden steigt die Zahl der Beschäftigten mit Migrationserfahrung: Drei von zehn Azubis (also 31 Prozent) haben zum Zeitpunkt des Fachartikels der Arbeitnehmerkammer eine nicht-deutsche Staatsangehörigkeit. 2014 zuvor waren es 7 Prozent mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit.
Dabei gibt es sehr große Unterschiede in den Beschäftigungsorten: • Krankenhaus: 22 Prozent der Azubis waren nicht-deutscher Herkunft; • Ambulante Pflege: knapp 36 Prozent der Azubis waren nicht-deutscher Herkunft; • Stationäre Langzeitpflege: über 42 Prozent der Azubis waren nicht-deutscher Herkunft.  | 
Pflegebeschäftigte nicht-deutscher Herkunft arbeiten im Übrigen deutlich öfter in Vollzeit: Zweidrittel sind es auf Bundesebene, allerdings nur knapp 50 Prozent im Land Bremen.
Von den zugewanderten Pflegepersonen im Land Bremen stammten zum Stand der Ermittlung 2024 rund 73 Prozent aus Nicht-EU-Staaten (sogenannte Drittstaaten). Seit einigen Jahren wird auch versucht, zugewanderte Personen, die bereits in Deutschland leben und arbeitsuchend sind, für den Pflegeberuf zu motivieren. Ein Beispiel aus Bremen ist das ESF-Projekt „Wege in Beschäftigung“, das besonders zugewanderte Frauen anspricht, um ihnen einen niedrigschwelligen Einstieg in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen. Dabei geht es auch um darum, dem Personalbedarf in der Pflege zu begegnen.
Qualifizierungskurse mit ganzheitlichem Ansatz
Im Rahmen des Projektes finden seit einem knappen Jahr in Bremer Stadtteilen in Kooperation von Jobcenter, Arbeitsbehörde und Jobcenter Qualifizierungskurse mit einem ganzheitlichen Ansatz statt (u.a. Sprachverbesserung, Praktika in der Pflege, Kontakte zu potenziellen Arbeitgebern, Coaching). Auch bpa-Mitglieder mit Pflegeeinrichtungen beteiligen sich an diesem Projekt, durch die Kurse wurden bereits etliche Beschäftigungsverhältnisse initiiert.
Einen Erfolg kann Bremen im Zusammenhang mit der Anerkennung ausländischer Qualifikationen verbuchen, so die Erkenntnisse des Arbeitnehmerkammer-Berichtes. Danach wurden 2023 hier knapp 260 Anerkennungsfahren in den Gesundheitsberufen erfolgreich abgeschlossen, mehr als dreimal so viel wie 2020. Dabei ist das Anerkennungsverfahren nach wie vor sehr komplex, die Bearbeitungsverfahren langwierig, die Kooperation der vielen beteiligten Stellen nicht immer gelungen.
Anerkennungsverfahren bundesweit einheitlich regeln
Die Kammer stellt fest: Das Land Bremen ist im Bundesvergleich in Bezug auf die Anerkennungsprozesse recht gut aufgestellt, hat dabei diverse Abläufe vereinfacht und beschleunigt. Gleichwohl, so die Kammer, sollten die Anerkennungsverfahren bundesweit einheitlich geregelt und weiter digitalisiert werden. Die Bremer Gesundheitsbehörde plane die Einführung einer digitalen Plattform.
Die Zahl der Beschäftigten in der Pflege steigt und weitere Pflegekräfte werden jetzt und in Zukunft angesichts der wachsenden Zahl der Pflegebedürftigen weiter händeringend gesucht. Anwerben, motivieren und anerkennen ist das eine, die Integration im Pflegebetrieb und in den jeweiligen Teams eine andere Herausforderung. Auch darauf geht der „KammerFokus“ ein und stellt fest, dass dies ein hohes Maß an Lern-, Transfer- und Anpassungsfähigkeit erfordert, sowohl von den zugewanderten Pflegepersonen als auch vom Führungspersonal und den Teams in den Einrichtungen (Unterschiede im Pflegeverständnis, Kulturkonflikte, berufliche Sozialisation, Rollenverständnis).
Gute Integrationskonzepte entwickelt
Viele Einrichtungen haben nach der Analyse der Arbeitnehmerkammer in den vergangenen Jahren gute Integrationskonzepte entwickelt und ein betriebliches Integrationsmanagement eingeführt. Sprachlotsen können z.B. im Pflegealltag die Kommunikation verbessern. Ein kontinuierlicher Fachaustausch über Best-Practice-Konzepte in der Pflegepraxis kann zur gegenseitigen Unterstützung hilfreich sein.
„Zugewanderte Pflegepersonen sind zu einer wichtigen Stütze der Pflegearbeit im Land Bremen geworden“, so die Arbeitnehmerkammer in ihrer Publikation, „drei Viertel der Bremer Beschäftigten in den Pflege- und Altenheimen sehen ausländische Kolleginnen und Kollegen als Bereicherung für ihr Arbeitsumfeld“. Die Kammer fasst Handlungsperspektiven für eine gelungene Zuwanderung zusammen: Weitere Verbesserung der Arbeitsbedingungen, faire Anwerbung, einheitliches Anerkennungsverfahren, Welcome Center etablieren, Unterstützung bei der Pflegeausbildung, Weiterqualifizierung von Hilfskräften fördern, Sprachkompetenzen stärken, Integration unterstützen und Diskriminierung verhindern.
bpa und vdek für Kompetenzvermutung
Um den Einsatz internationaler Fachkräfte zu beschleunigen, hat der bpa gemeinsam mit dem vdek eine Kompetenzvermutung vorgeschlagen. Viele weitere Akteure haben sich der Idee inzwischen angeschlossen: Wer eine dreijährige Ausbildung oder ein Studium sowie die notwendigen Sprachkenntnisse vorweisen kann, darf danach sofort als Fachkraft tätig werden. Etwaige Prüfungen und Anpassungen müssen im Nachgang erfolgen. So könnten von heute auf morgen rund 11.000 Pflegekräfte sofort als Fachkräfte zum Einsatz kommen und tausenden Pflegebedürftigen mehr könnte ein Versorgungsangebot gemacht werden.
Angebote der bpa-Servicegesellschaft zu „Integration – Best Practices“
Vor dem Hintergrund der aktuellen Publikation der Arbeitnehmerkammer Bremen bekommen die aktuellen Angebote der bpa-Servicegesellschaft zum Thema „Integration – Best Practices“ eine besondere Bedeutung. Denn genau um die berufliche und soziale Integration von Pflegekräften aus dem Ausland geht es bei einer der regelmäßig angebotenen digitalen „Offenen Sprechstunde“.