Pflege in Not - Wirtschaftlichkeit sichern in schwierigen Zeiten

14. Sächsischer Unternehmertag Pflege der bpa-Landesgruppe Sachsen am 24.09.2025

Nach 2022 und 2023 hatte die bpa-Landesgruppe Sachsen zum nunmehr 14. Sächsischen Unternehmertag Pflege erneut in den historischen Güterbahnhof in Radebeul eingeladen. Unter dem Motto „Pflege in Not - Wirtschaftlichkeit sichern in schwierigen Zeiten“ wurde sich mit der drängenden Frage befasst, welche Möglichkeiten Einrichtungen haben, um wirtschaftlich handlungsfähig zu bleiben.

Staatsministerin für Soziales, Gesundheit und Gesellschaftlichen Zusammenhalt, Petra Köpping, griff das Motto in Ihrem Grußwort an die circa 270 Teilnehmer auf und betonte, dass sich die Pflege an einem Scheideweg befinde und dringend einer Reform bedürfe. Als Mitglied der im Juli diesen Jahres konstituierten Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Zukunftspakt Pflege“ sei sie mit Hochdruck an der Erarbeitung gemeinsamer Eckpunkte für eine nachhaltige Finanzierung und Finanzierung der Pflegeversicherung sowie für eine nachhaltige Sicherstellung der Versorgung und Stärkung der ambulanten und häuslichen befasst. Letztlich müssten wir uns der Frage stellen, was uns Pflege wert sei und dass gute gesellschaftliche Lösungen nötig seien, wozu es auch der Expertise des bpa bedürfe.

Igor Ratzenberger, bpa-Landesvorsitzender, dankt Petra Köpping, Staatsministerin für Soziales, Gesundheit und Gesellschaftlichen Zusammenhalt

In seinem Impulsvortrag „Wie soll die pflegerische Versorgung in Zukunft sichergestellt werden?“ beantwortete der online aus Berlin zugeschaltete Dr. Martin Schölkopf (Leiter der Abteilung Pflegeversicherung und -stärkung im Bundesministerium für Gesundheit) die aufgeworfene Frage mit einem Rückblick auf die Handlungsfelder und der hieraus resultierenden gesetzlichen Umsetzungen der 2018 initiierten Konzertierten Aktion Pflege, um dann darauf inhaltlich aufbauend das geplante Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege (vormals Pflegekompetenzgesetz) sowie den Entwurf eines Pflegefachassistenzeinführungsgesetzes ausführlich zu erläutern. Mit ihnen würden unter anderem die dringende Modernisierung des Berufsbildes Pflege mit Ausweitung der Befugnisse für Pflegefachpersonen, die Harmonisierung der Ausbildungsdauern bei Pflegefachassistenten sowie zügigere Vergütungsfindungen ermöglicht.

Im Anschluss hieran referierte Dr. Jochen Pimpertz (Institut der deutschen Wirtschaft Köln) über die Herausforderungen für die gesetzlichen Sozialversicherungen im Allgemeinen und für die Pflege im Speziellen. So belasten steigende Sozialabgaben die Wirtschaft und die Demografie hemmt personalintensive Bereiche wie die Pflege, wobei sich Versorgungsbedarfe und Arbeitsmärkte regional unterschiedlich entwickeln. Damit Pflege unter diesen Voraussetzungen gelingen kann, brauche es nach Ansicht Dr. Pimpertz‘ neben der Hebung kurzfristiger Einsparpotenziale auf der Ausgabenseite (versicherungsfremde Leistungen) unternehmerische Freiheiten (Flexibilität und Gestaltungsspielräume) statt engmaschiger Steuerung nach bundesweit einheitlichen Vorgaben. In diesem Zusammenhang forderte er mehr Wettbewerb in der Pflege sowie eine Entbürokratisierungsoffensive, das heißt die Beschränkung der auslösenden Regulierungen auf ein Mindestmaß und Entlastungen durch digital unterstützte Lösungen.

Lukas Lambertz (stellvertretende Leitung Sozialwirtschaft der SozialGestaltung GmbH in Köln) löste sich von der abstrakten Betrachtung und skizzierte diejenigen Handlungsansätze der Einrichtungen, die die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit sichern können wie beispielsweise die Stellschrauben zur Beeinflussung der Gewinn- und Verlustrechnung (Personalbindung, ganzheitliches Liquiditätsmanagement und Angebot von Zusatzleistungen), den Umgang mit Banken (richtige Wahl der Finanzierungsinstrumente, Erkennen spezifischer Risikopotenziale, Anforderungen an Finanzierungsvoraussetzungen und strukturierter Businessplan) sowie die Schärfung des Unternehmensprofils (wirtschaftliche Vorteile durch Spezialisierung und Erarbeitung neuer Angebotsformate, Stichwort Verbundprojekte und quartiersnahe Versorgung).

Thomas Grimm (Architekt und Prokurist bei der igb AG in Weimar) und Christian Rommel (Dipl.-Betriebswirt und Prokurist bei der igb AG) befassten sich mit der Fragestellung, wie die Pflegeimmobilie und das Quartier der Zukunft aussehen könnten und was das für Neubauten und vor allem für Bestandsimmobilien bedeuten würde. Vor dem Hintergrund sich ändernder Versorgungsstrukturen zeigten sie anhand dreier Praxisbeispiele Gestaltungsspielräume bei der Nutzung von Pflegeimmobilien auf.

Dr. Lena Marie Wirth (vormals IAT Institut Arbeit und Technik in Gelsenkirchen) beleuchtete die aktuellen Herausforderungen und Chancen bei der Gestaltung von Arbeitsbedingungen und Berufslaufbahnen in der beruflichen Pflege mit dem besonderen Fokus auf lebenssituationsbezogene Gestaltungsoptionen sowie dem Zusammenspiel von Souveränität und Solidarität innerhalb von Pflegeeinrichtungen. Neben wissenschaftlichen Erkenntnissen stellte sie konkrete Gelingensbedingungen vor, die eine direkte Umsetzung in die betriebliche Praxis ermöglichen.

Florian Owen (Abteilungsleitung digatus.care bei der digatus it consulting GmbH aus München) richtete den Fokus auf die Chancen der Digitalisierung im Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Betrieb einer Pflegeeinrichtung. So entfaltet eine durchdachte Digitalstrategie ihren vollen Wert, wenn sie Prozesse intelligent vernetzt und Schnittstellen schafft, die Daten nahtlos fließen lassen. An den Beispielen Pflegedokumentation, Dienstplanerstellung, Abrechnung, Hauswirtschaft, Serviceleistungen, Robotik und Sensorik/Sturz/Ortung zeigte Owen auf, wie sich wirtschaftliche Potenziale heben lassen.

Abgerundet wurde das Programm von Isabell Haase (freie Rednerin und Sängerin), die ein charmantes Kurzcoaching für ein sichereres Auftreten sowie freieres und überzeugenderes Sprechen gab; Schlagfertigkeit „To Go“ zum Mitnehmen.

Nach der Fülle an Vorträgen ließen die bpa-Mitglieder den Unternehmertag am frühen Abend mit Bratwurst und Bier zünftig ausklingen und nutzten die Gelegenheit, sich in entspannter Atmosphäre mit Kollegen auszutauschen.